hier eine Zusammenfassung für 8 Schreibwerkstattstunden_
Wie man einen verdammt guten
Roman schreibt
James N. Frey, Emon, ISBN
3-924491-32-1
1 WORAUF ALLES ANKOMMT IST „WER“
WAS BEDEUTET DAS WER?
Figuren sind der Stoff, aus dem ein Roman gemacht ist.
Fiktionale Figuren
– homo fictus – sind aber nicht identisch mit Menschen aus Fleisch und Blut –
homo sapien. Ein Grund dafür ist, dass Leser lieber vom Außergewöhnlichen lesen
als vom Alltäglichen. Leser verlangen, dass homo fictus schöner oder häßlicher,
rüder oder vornehmer, rachsüchtiger oder barmherziger, tapferer oder feiger
usw. ist als wirkliche Menschen. Seine Gefühle sind leidenschaftlicher, seine
Wut ist kälter, er reist mehr, kämpft mehr, zieht sich häufiger um, hat mehr
Sex. Viel mehr Sex. Homo fictus hat von allem mehr.
ZWEI ARTEN DES HOMO FICTUS
- Der einfache Typ wird als flach, schematisch und
eindimensional bezeichnet. Figuren dieses Typs werden für kurze Auftritte
gebraucht. Sie treten auf, sagen einen Satz und das war‘s. Sie sind die
Kellner, Zeitungsträger, Portiers, Botenjungen. Sie können farbige Typen sein
oder nichtssagend, - immer Randfiguren, stehen nicht im Mittelpunkt.
-
Der andere Figurentyp ist
abgerundet, vielschichtig, dreidimensional. Alle Hauptfiguren in Ihrem Roman
sollten zu dieser Gattung gehören, auch Schurken. Sie haben komplexe Motive,
widersprüchliche Wünsche, sind leidenschaftlich und ehrgeizig. Sie haben
schwere Sünden begangen und große Qualen ertragen: sie sind voller Sorgen,
Schmerzen und ungelöster seelischer Probleme. Der Leser hat das deutliche
Gefühl, dass sie längst da waren, bevor der Roman begonnen hat, dass sie ein
reiches und erfülltes Leben geführt haben. Leser sind an Details über das Leben
solcher Figuren äußerst interessiert, weil es sich lohnt, ihre Bekanntschaft zu
machen.
WUNDERBAR ABGERUNDETE FIGUREN ERSCHAFFEN, ODER WIE MAN GOTT SPIELT
- Große Dramen basieren auf dem Erfassen und sicherer
Präsentation
komplexer
Figuren. Erkenne dich selbst, bezogen auf den Dramatiker,
dann lerne deine
Figuren so genau wie möglich kennen.
-
(1) Die physiologische Dimension
(die erste) umfaßt deren Größe, Gewicht, Alter, Geschlecht, Rasse,
Gesundheitszustand usw. Hübsch oder
häßlich, klein oder groß, dünn oder dick – all diese körperlichen Eigenschaften
beeinflussen die mögliche Entwicklung einer Romanfigur.
-
Wie die Gesellschaft unseren
Charakter prägt, hängt von unserer äußeren Erscheinung ab: Größe, Geschlecht,
Körperbau, Hautfarbe, Narben, Verunstaltungen, Abnormitäten, Allergien,
Körperhaltung, Stimmlage, Mundgeruch, Neigung zu Schweißausbrüchen, nervöse Ticks
und Gesten usw.
-
(2) Die soziologische Dimension :
Welcher sozialen Schicht gehört die Figur an? In welchem Milieu ist sie
aufgewachsen? Welche Schulen hat sie besucht? Welche politischen Ansichten hat
sie angenommen? Welcher Religionsgemeinschaft gehört sie an? Was hielten ihre
Eltern von Sex, Geld, Karriere? Hat man ihr Freiheit gelassen oder keine? War
die Erziehung streng oder locker oder irgendwo dazwischen? Hatte sie viele
Freunde oder nur ein paar? Um eine Figur völlig zu verstehen, muss man die Herkunft
ihrer Eigenschaften bis zum Ursprung zurückverfolgen.
-
(3) psychologische Dimension: ist
das Ergebnis der physiologischen und der soziologischen. Hier finden wir
Phobien, Manien, Komplexe, Ängste, Hemmungen, Schuldgefühle, Sehnsüchte,
Phantasien, usw. – Intelligenz, Begabungen, besondere Fähigkeiten,
Schlüssigkeit der Argumentation, Gewohnheiten, Erregbarkeit, Empfindlichkeit,
Talente und ähnliches.
DIE FIGUREN SPRÜHEN LASSEN
-
Machen Sie aus ihren Figuren,
wenigstens der Hauptfigur, emotionale Feuerstürme. Spannende Romane verlangen
nach dynamischen Figuren, voll von großen Leidenschaften und starken Gefühlen:
Wollust, Neid, Gier, Ehrgeiz, Liebe, Haß, Rachsucht, Bosheit, usw.
FIGURENKONSTRUKTION VON GRUND AUF
- DIE FIKTIONALE BIOGRAPHIE
Seine Hausaufgaben
machen, heißt, einen Hintergrund für die
Hauptfiguren
schaffen, die Biographie schreiben.
-
Eine Romanfigur interviewen ist
die einfachste Methode, sie
kennen zu lernen.
- legen sie sie auf die Couch ....
2
Die drei wichtigsten Regeln für
eine spannende Geschichte:
Konflikt! Konflikt! Konflikt!
WIE UND WARUM KONFLIKTE ENTSTEHEN: EINE FIGUR LEBENDIG
MACHEN
Der Gebrauch des direkten Erzählens
Es entsteht ein visuelles Bild von einer Figur,
sie muss auf die Probe gestellt werden, um wirklich
lebendig zu werden, d.h. sie muss handeln.
-
Konflikte entstehen, wenn die
Wünsche einer Figur auf Widerstand treffen.
-
Aus der Natur, von anderen
Figuren, aus der Geisterwelt, aus dem Weltraum aus anderen Dimensionen, aus der
Figur selbst, von irgendwoher.
-
Ein Konflikt wirft ein
Schlaglicht auf sie und stellt sie bloß. Wir erkennen, wer die Personen sind,
an der Art, wie sie auf solchen Widerstand reagieren.
-
Figuren, nicht Handlung,
interessieren die Leser am meisten.
-
Erst die Figuren machen eine
Handlung bedeutsam.
-
Eine Geschichte ist ein Kampf.
Wie eine Figur kämpft, zeigt uns, wer sie ist.
DIE
OPPOSITIONELLEN KRÄFTE AUSGLEICHEN
H + Z + O = K
Hauptperson + deren Ziel + Opposition = Konflikt
Gute Opposition erfordert, dass der Antagonist allen
Versuchen des Protagonisten, seine Probleme zu lösen, ebensoviel Kraft und
Schlauheit entgegensetzt, wie sie der Protagonist an den Tag legt.
Wenn Sie Ihre Opposition aufbauen, gebe Sie Ihren Figuren
Ansichten, die logisch und vernünftig sind, die der Leser verstehen und sogar
nachempfinden kann. „Die Stärke des Konflikts ist nicht einfach das Ergebnis
der Stärke des Protagonisten, sondern auch das Ergebnis der Stärke der
Opposition.“ In einem kraftvollen Drama sind der Protagonist und der Antagonist
gleich gut motiviert und einander ebenbürtig.
DAS BINDUNGSPRINZIP ODER: Wie Sie Figuren im Schmelztiegel halten
-
Der Schmelztiegel ist der Topf
oder der Hochofen, in dem das Drama gekocht, gebacken, geschmort oder über den
Winter gebracht wird.
-
Das Beziehungsgeflecht ....
DER INNERE KONFLIKT
UND SEINE NOTWENDIGKEIT
-
innere Konflikte sind zum
Beispiel: Pflicht kollidiert mit Angst, Liebe mit Schuld, Ehrgeiz mit Gewissen
...
-
Figuren leiden ebenso wie reale
Menschen an inneren Konflikten. Reale Menschen schwanken oft in Schuldgefühlen,
Ängsten, Bedenken, Zweifeln, Skrupeln, ...
-
Wenn eine Figur keinen inneren
Konflikt austrägt, dann kann der Autor vom Leser nur Mitleid erwarten ...
FORMEN DES DRAMATISCHEN
KONFLIKTES: Statisch, Sprunghaft, sich entwickeln
-
statische Konflikte verändern
sich nicht.
-
Sprunghafte Konflikte springen
von einer Intensitätsebene zur anderen, ohne ausreichende Motivation und ohne
Übergangsstadien.
-
Am packendsten sind die sich
langsam steigernden Konflikte, mehrere emotionale Stadien durchqueren, z.B.
Gereiztheit, zu mildem Zorn, zu starkem Zorn, zu wilder Wut.
DIE GENRES; DIE SCHUBFÄCHER DER LITERATUR
-
Jede spannende Geschichte hat
einen zentralen Konflikt
-
Wenn man eine Geschichte jemandem
erzählen will, dann wird man den zentralen Konflikt zur wichtigsten Aussage des
Buches machen.
3 DIE PRÄMISSSE
Die Tyrannei der Prämisse, oder: eine Geschichte ohne Prämisse zu
schreiben ist, als wolle man ein Boot ohne Riemen rudern
WAS IST EINE
PRÄMISSE?
·
Denken sie sich eine Prämisse als
die Liebe in einer Ehe.
·
Denken Sie sich eine Prämisse als
das Akakadabra, das das Kaninchen in den Zylinder steckt.
·
Denken Sie sich eine Prämisse als
die Armierung in Stahlbeton.
·
Denken Sie sich eine Prämisse als
das E=mc des Romanschreibens.
Sie ist all das und mehr.
·
Sie ist der Grund dafür, daß Sie
schreiben, was Sie schreiben.
·
Sie ist der strittige Punkt, den
Sie beweisen müssen.
·
Sie ist die raison d’être Ihres
Romans.
·
Sie ist der Kern, das Herz, das
Zentrum, die Seele all dessen, was Sie zum Ausdruck bringen.
-
ORGANISCHE EINHEIT UND WIE SIE
ERREICHT WIRD.
Jeder gute Roman besitzt eine Form, egal wie modern oder
surrealistisch er ist. Tatsächlich liegt der besondere Wert des Romans
gegenüber der unbearbeiteten Wahrnehmung darin, da´er dem Leben ein erkennbares
Muster oder eine Bedeutung gibt. Das Leben ist frustrierend, chaotisch,
unlogisch, launenhaft und die meiste Zeit offensichtlich sinnlos; voll von
nutzlosem Leiden, Schmerzen, Tragödien. Doch der Mensch als vernunftbegabtes
und idealisierendes Wesen sehnt sich nach Ordnung, Planmäßigkeit und der
Befriedigung individueller Möglichkeiten. Er kann sich bei seiner Suche nach
einer Antwort auf das Rätsel des Lebens der Religion, der Philosophie, der
Lyrik oder dem Roman zuwenden. Wenn er sich dem Roman zuwendet, dann will er
eine Art organischen Aufbau, Sinn und Struktur sehen.
Aristoteles war sich der Notwendigkeit des organischen
Aufbaus von Geschichten bewußt. In seiner Poetik erläutert er die Einheit der
Handlung und führt aus, daß Geschichten vollstandig und ganz für sich sein
sollten, mit einem Anfang, einer Mitte und einem Ende ... mit all der
organischen Einheit eines lebendigen Wesens.
-
Kurze logische Feststellung
dessen, was durch die vollständige Handlung des Stückes demonstriert werden
soll.
-
DEFINITION DER PRÄMISSE
-
PRÄMISSEN; DIE FUNKTIONIEREN UND SOLCHE; DIE
NICHT FUNKTIONIEREN
-
WIE SIE DIE PRÄMISSE FINDEN
Jede gute Prämisse sollte einen Aspekt der Hauptfigur
enthalten, der durch einen Konflikt zu einer Lösung führt.
-
PRÄMISSE UND SELEKTION
-
DER UNBEWUSSTE SCHRIFTSTELLER
Das ABC des
Erzählens
Was
ist eine Geschichte?
Eine Geschichte ist eine Schilderung von folgenschweren Ereignissen, an denen bemerkenswerte menschliche Figuren beteiligt sind, die sich infolge dieser Ereignisse verändern.
Die
spannende Geschichte
In einer spannenden Geschichte, und das ist die einzige lesenswerte
Art von Geschichte, müssen die Figuren kämpfen.
Fangen Sie mit Ihrer Geschichte vor dem eigentlichen Anfang an.
Wenn man das Leben eines Menschen als Ganzes betrachtet, gibt es darin Höhen und Tiefen, gute und schlechte Zeiten. Man wählt ein bestimmtes Ereignis aus diesem Leben aus.
Es sollte dramatisch, spannend, unverbraucht sein.
Episode
und Figur: Wie das eine und das andere entsteht
Aristoteles sagt in seiner Poetik, dass die Dauer eines Dramas so bemessen sein sollte, dass für den Helden „angemessener – oder notwendigerweise im Ablauf der Handlung der Umschlag erfolgt von Glück zu Unglück oder von Unglück zu Glück.“
-
von einem Pol zum anderen wachsen
–
-
Entwicklungsphasen der Figuren
-
Es sollte ein Stufendiagramm
angelegt werden.
Die
Benutzung des Stufendiagramms
Es gibt keine formalen Regeln.
-
ausführlich
-
skizzenhaft
-
Ursache und Wirkung beachten
-
Wachstum und Entwicklung
festlegen
Verwicklungen, die Ereignisse oder Schritte in der Geschichte
entstehen nicht von selbst. Sie entstehen durch das Beharrungsvermögen von
Ereignissen, die ihnen zeitlich vorangehen. Darin besteht die Logik des
Erzählens, und diese Logik gibt Ihrer Geschichte ihre organische Einheit.
Die Steigerung
zum Höhepunkt
Oder: Die
Prämisse wird einer
Bewährungsprobe
ausgesetzt
Höhepunkt, Lösung und Sie
·
Denken Sie sich den Höhepunkt als
das Ziel und den Rest der Geschichte als die Strecke, die der Pfeil zurücklegt.
·
Denken Sie sich den Höhepunkt als
das andere Ufer, zu dem Sie mit dem Buch eine Brücke bauen.
·
Denken Sie sich den Höhepunkt als
die Ziellinie, an der der spielentscheidende Touchdown stattfindet.
·
Denken Sie sich den Höhepunkt als
den k.o.Schlyg in dem Schwergewichts-Boxkampf Ihres Romans.
Oder denken Sie ihn sich so:
·
Eine Geschichte ist ein Fragezeichen, ein
Höhepunkt, ein Ausruf!
·
Eine Geschichte ist Spannung, ein
Höhepunkt Befriedigung.
·
Eine Geschichte ist
Konfrontation, das schnelle Ziehen der Pistole, das Drücken des Abzugs, der
Höhepunkt ist die Kugel mitten zwischen die Augen.
·
Der Höhepunkt ist das Ende, für
das der Anfang gemacht wurde.
Die Spannung einer Geschichte steigt durch ihre Komplikationen bis zu
einem Punkt, an dem der Konflikt beigelegt wird. Die Figuren sind auf die Probe
gestellt worden, sie wurden beddrängt und bestraft; infolgedessen haben sie
verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen. Während die Spannung ihren
Höhepunkt erreicht, spitzen sich die Dinge zu. Der Druck auf die Figuren nimmt
zu, sie stehen jetzt gleichsam vor ihrer Zerreißprobe; das ist der Höhepunkt.
Jetzt muß der zentrale Konflikt beigelegt werden. Doch wie legen Sie ihn bei?
Das geschieht mit Hilfe dessen, was Egri als Revolution bezeichnet.
Die Griechen hatten ein Wort für diese Revolution. Sie nannten sie
Peripetie. Arostoteles erklärt diesen Begriff in seiner Poetik auf folgende
Weise:
Die Peripetie ist der Umschlag der Handlung in ihr Gegenteil, und
zwar entweder mit Wahrscheinlichkeit oder mit Notwendigkeit ... Eine solche
Entdeckung und Peripetie bewirkt auch Furcht und Mitleid; und die Tragödie
wurde bestimmt als die Nachahmung derartiger Handlungen. Auch ist Unglück und
Glück gerade mit solchen Situationen verbunden.
Höhepunkt,
Prämisse und Lösung
Und
wie man das alles auseinanderhält
Das Entscheidende bei einem Roman sind Höhepunkt und Lösung.
·
Suchen Sie nach Überraschungen
·
Nutzen Sie starke Gefühle aus
·
Sprechen Sie ein Urteil vor dem
Gerichtshof der poetischen Gerechtigkeit aus
·
Entdecken Sie neue Facetten an
Ihren Figuren
·
Höhepunkt und Lösung sollten den
Roman zu einem geschlossenen Ganzen machen
Die der Figur zugrundeliegende Prämisse beweisen
In einer Geschichte hat jede Hauptfigur ihr eigenes Schicksal.
Deshalb liegt jeder Figur eine eigene Prämisse zugrunde. Wenn Sie in Ihrer
Geschichte beweisen wollen, daß eine große Lüge ins Verderben führt, ist
vielleicht eine Figur ein Lügner, aber das heiß noch nicht, dass alle Figuren
Lügner sein müssen. Es bedeutet ganz einfach, daß eine Lüge ins Verderben führt.
In einem mitreißenden, starken und spannenden Roman müssen sich die
Figuren infolge eines Konfliktes verändern. Die Figuren-Prämisse ist ein
Beschreibung dieser Veränderung.
6
Erzählperspektive,
Rückblende und andere Rafinessen
aus der Trickkiste des Romanautors
·
DEFINITION DER ERZÄHLPERSPEKTIVE
Die Erzählperspektive bringt die Perspektive der Figur zum Ausdruck.
Das ist das Zusammenspiel all seiner Meinungen, Vorurteile, seines Geschmacks
und seiner Einstellungen. Diese bestimmt,
wie die Figur die Welt sieht. Sie
entsteht aus den besonderen soziologischen, physiologischen und psychologischen
Eigenschaften einer Figur.
Perspektive
bezieht sich auf das, was man den Ort des Erzählens nennen kann. Dies ist die
Position, die der Erzähler im Verhältnis zu seinen Figuren einnimmt:
·
als unsichtbarer Augenzeuge, der objektiv Bericht erstattet
·
als göttlicher Allwissender, der Einblick Gedanken und Gefühle seiner
Figuren hat
·
oder als weitere Figur innerhalb der Geschichte
1.
OBJEKTIVE ERZÄHLPERSPEKTIVE
Der Erzähler befindet sich außerhalb
der Figuren; er ist eine Art Reporter, der nur beobachtet und beschreibt als
wäre er ein Zuschauer.
Frage: Wann benutzt man diese
Formß Antwort: Sehr selten.
Man kann sie verwenden, wenn man einer Figur etwas Geheimnisvolles verleihen will. Vielleicht in Kriminalgeschichten o.ä. Normalerweise schätzen Leser diese Perspektive nicht so sehr, weil sie sich wünschen, enger mit den Figuren vertraut zu sein.
Wie auch immer ... es gibt
denkwürdige Ausnahmen ...
2.
DIE MODIFIZIERTE OBJEKTIVE
ERZÄHLPERSPEKTIVE
Der Erzähler kann Vermutungen anstellen. Dabei stellt sich manchmal heraus, dass diese falsch sind. Der Erzähler behauptet nicht, wirklich zu wissen, was im Kopf der Figur vor sich geht. Auch hier betrachtet der Erzähler nur von außen und gewinnt keinen echten Eindruck von der subjektiven Verfassung..
3.
DIE SUBJEKTIVE PERSPEKTIVE DES
ICH-ERZÄHLERS
Der Ich-Erzähler beschreibt stets aus der subjektiven Perspektive. Er hat Zugang zu einer Figur, dem Erzähler, der selbst eine Figur innerhalb der Geschichte ist. Das kann der Protagonist, der Antagonist oder eine andere Figur sein. Eine längere Erzählung kann nur schwer in dieser Form geschrieben werden, da der Erzähler nicht alles gesehen haben kann. Dem Leser können solche Geschichten langweilig werden.
4.
DER AUKTORIALE ERZÄHLER
Dies ist der allwissende Erzähler, der weiß, was sich in allen Köpfen seiner Figuren abspielt. Das ist die subjektivste aller Möglichkeiten und war beliebt in viktorianischen Romanen. Das Hauptinteresse galt der Gesellschaft und man wollte zu jedermanns Gedanken und Motiven Zugang haben.
5.
DER EINGESCHRÄNKT AUKTORIALE
ERZÄHLER
Im modernen Roman findet diese Form vor allen Zugang. Der Autor nimmt sich das Recht, in die Köpfe bestimmter Figuren hineinzuschauen und in die anderer nicht. Die ausgewählten Figuren, normalerweise der Protagonist und zwei bis drei weitere bezeichnet man als personale Erzähler. Dadurch, dass der Erzähler im Kopf einer Figur angesiedelt ist, lebt der Leser – aufgrund des Zaubers der Identifikation – das Leben dieser Figur. In dieser Erzählperspektive braucht der Leser den Standpunkt nicht allzu oft zu wechseln.
6.
DIE WAHL DER ERZÄHLPERSPEKTIVE
Entscheidend ist die Frage: Wer
kann diese Geschichte am besten erzählen? Dies wirkt sich auf die
Erzählersprache aus, und die Erzählersprache, nicht die Perspektive ist das
Entscheidende. Die Wahl der Erzählersprache basiert auf Überlegungen des
Genres. Die Erzählersprache ist der
Tonfall, die charakteristische Weise zu sprechen. Der Erzähler bleibt unsichtbar. ... sonst
kann es heißen: Einmischung des Autors.
7.
DER ZAUBER DER IDENTIFIKATION;
DER ALLERGRÖSSTE TRICK
Wir alle sind Voyeure. Literatur gibt uns wie kein anderes Medium
Einblick in andere Menschen. In einem Erzähltext xtehen wir aus vertrautem Fuß
mit den Figuren. Erzählen kann realer erscheinen als Realität selbst, weil
Erzählen das Wesen des Lebens ist. Der Autor ist eine Art Zauberer, der den
Leser in seinen Bann zieht. Um das zu schaffen, macht sich der Autor einen
Zauber zunutze: die Identifikation.
·
An starke Gefühle appellieren. Es
entsteht zu Beginn der Geschichte eine Situation, die starke Gefühle
hervorruft. (Mitleid, Verachtung, Angst ...) Dann entsteht eine Krise für diese
Person. Nun soll der Leser am Prozeß der Entscheidungsfindung teilnehmen
können.
·
Die Figur soll bewunderungswert
sein und die Sympathie des Lesers hervorrufen.
8.
DIE HOHE KUNST DER RÜCKBLENDE
Der Leser ist vor allem interessiert was im Hier und Jetzt passiert. Wenn eine Rückblende notwendig erscheint – zum Beispiel in die Kindheit – dann muss diese für die jetztige relevant sein. Vielleicht will man damit erreichen, abgerundete Figuren – innere Konflikte zu klären – zu schaffen.
9.
DIE VORAUSDEUTUNG
Eine Vorausdeutung ist die Aussicht auf einen Konflikt, eine Art
Versprechen. Vorausdeuten ist eine Kunst, solche Fragen aufzuwerfen, die für
den Verlauf der Geschichte von Bedeutung sind.
10. DIE SYMBOLE
Ein Symbol ist etwas, das für jedermann eine Bedeutung zusätzlich zu der Bedeutung des Dings an sich hat. Es kann sich um Symbole handeln des Bösen, der Kraft, des Männlichen, des Weiblichen etc.
Symbole sollten angemessen verwendet werden.
7
Die hohe Kunst, gute Dialoge
und sinnliche, dramatische Prosa zu schreiben.
1.
Dialog: Direkt und indirekt,
inspiriert und uninspiriert
Eine mit maximaler Kapazität agierende Figur wird im Gespräch klug,
lebhaft und indirekt vorgehen. Die Figuren werden mehr Witz zeigen, mehr
Charme, Bildung, Beredsamkeit, Klugheit, mehr Feuer als Sie, der Autor selbst.
... Zeitfaktor ... alles sieht spontan aus, ist aber gut überlegt ...
2.
Erzählformen des Romans
·
Erzählung
·
Szene
·
Halbszene: Eine Halbszene ist
eine Erzählung, unterbrochen und durchsetzt mit szenischer Darstellung
3.
Die Gestalt der dramatischen
Szene
Spannendes Schreiben erfordert eine Steigerung des Konflikts. Eine
Szene, die einen sich entwickelnden Konflikt enthält, muß notwendig eine Art
Höhepunkt und eine Auflösung haben. Eine Szene hat dieselbe Gestalt wie eine
Geschichte. ... beginnt spannungsarm und steigert sich zu einem Höhepunkt, dem
eine Auflösung folgt.
Man kann auch mitten in eine Szene hineinspringen –
Es ist auch möglich eine Szene wegzulassen.
Wenn ein Buch rasant geschrieben ist, dann liegt das daran, dass die
Figuen in heftige Konflikte verwickelt sind.
4.
Was einen guten Dialog und eine
gute Szene charakterisiert:
·
Liegt ein Konflikt vor?
·
Ist er abgedroschen?
·
Kann er vielleicht indirekt
gesagt werden?
·
Ist er geistreich und farbig?
5.
Die Gebote dynamischer Prosa
·
Sei spezifisch
·
Sprich alle Sinne an – Auge, Ohr,
Geruch, Geschmack, Tastsinn; sowohl Wahrnehmungen wie Druck, Hitze, Kälte ...
oder psychische Wahrnehmungen sowie Vorahnungen, déjà vu und ähnliches.
·
Sei ein Dichter: Ein Dichter zu
sein, heißt für den Autor eines Romans, Rede- und Stilfiguren wirkungsvoll
einzusetzen. Solche Redefiguren sind
unter anderem: Personifikation, Hyperbel, Metafer und Vergleich.
Personifikation: „Ich liebe mein Auto, aber mein Auto haßt mich.“
Hyperbel: ist eine Übertreibung. “Meine Ex-Frau hat so viel Gemüt wie
ein SA-Mann und das Gemüt eines Krokodils.
Metafer: ist ein impliziter Vergleich einer Sache mit einer anderen.
Dabei müssen Klischees vermieden werden.
Vergleich: er setzt zwei unterschiedliche Bereiche miteinander in
Beziehung. ... zurückgezogen wie eine Auster ...
·
Sei ein guter Dichter, bedeutet
aber auch „Tu als Dichter nicht zuviel des Guten.“
6.
Prosaqualitäten jenseits des
sinnlich-wahrnehmbaren.
·
Dynamische Prosa hat bestimmte
Eigenschaften: Der Zeitfaktor
(Beispiel: S. 174) – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
·
Eine Szene kann aus der
Perspektive verschiedener Figuren geschildert werden, ... manchmal mißversteht
die Figur auch die Ereignisse ...
·
Gute Prosa ist dynamisch, nicht
statisch. Eine Szene, bzw. die Art wie die wahrgenommen wird, sollte sich
verändern.
·
Zusammengefaßt: Prosa sollte die
zeitliche Dimension berücksichtigen, Farbe und Dichte haben, eher detailiert
und spezifisch sein als allgemein gehalten, ein Gefühl von Bewegung vermitteln
und an die sieben Sinne appellieren: Hören, Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen,
das psychische Empfinden und den Sinn für HUMOR:
8
Überarbeiten und umschreiben
Die letzten Qualen
1
Weshalb und was muss überarbeitet werden?
Das Überarbeiten ist ein Ringkampf mit einem Dämon.
Diese Fähigkeit macht einen Schreiber zu einem Schriftsteller ...
... den Amateur zu einem Profi.
Schwer ist es deshalb – auch wenn man Talent hat – sich ein Urteil
über das zu bilden, was man geschrieben hat. Man muss die Stärken und Schwächen
seines Manuskripts feststellen können. Oft steckt man zu sehr drin, man leidet
... wenn die Figuren leiden ...
Man muss lernen, seine Arbeit objektiv zu sehen. Man muss
lernen zu sehen, was ein Kritiker sieht. Und man muss in der Lage sein, es in
die Tat umzusetzen. ... kürzen, weglassen, ändern, ausdrucksvoller machen ...
Und wie kann ich ein klares und objektives Urteil finden?
·
Autorengruppen? .......... nein!
·
Was sind Merkmale für einen
Roman?
-
Plot
-
Charakterbeschreibungen
-
Sprachgebrauch
Der
potentiell beste Analytiker der eigenen Geschichte ist immer noch man selbst.
Selbstanalyse ist eine erlernbare Fähigkeit. Übung macht den
Meister. Man muss das Manuskript einige
Zeit beiseite legen. Das wichtigste beim Überarbeiten ist die Einstellung. Man
muss absolut unbarmherzig an die Sache gehen. Wenn man den Verdacht hat etwas
sei schlecht, dann ist es das auch.
2 Analysieren Sie ihre Geschichte Schritt für Schritt selbst:
-
Die Prämisse, habe ich sie
bewiesen?
-
Werden die Gefühle des
Lesers angesprochen? Kann er sich mit einer Figur identifizieren? Gibt es eine
Szene, in denen sich eine sympathische Figur grausam, doppelzüngig verhält und
die Sympathie des Lesers verscherzt?
-
Stehen die Figuren in Opposition
zueinander? Agieren Sie immer auf dem Niveau ihrer Maximalkapazität? Bestehen
sie in allen Situationen den „Würde er wirklich-Test? Stecken sie sicher in
einem Schmelztiegel, dass sie dem Konflikt nicht ausweichen können? Sind sie
von Leidenschaften beherrscht? Haben Sie stereotype Figuren vermieden?
-
Hauptfiguren sollen von einem
Pol zum anderen wachsen. Tun Ihre das?
-
Haben Sie Ihre Figuren mit sich entwickelnden
Konflikten konfrontiert? Sind die Konflikte statisch oder
sprunghaft<<ß
-
Finden die Konflikte eine angemessene
Lösung, so dass man das Gefühl der Vollständigkeit hat? Lassen Sie Ihre
Leser mit dem Gefühl zurück, dass die ganze Geschichte erzählt wurde?
-
Sind die Szenen und Episoden
unterschiedlich, haben Sie Wiederholungen vermieden?
-
Fängt die Geschichte an der richtigen
Stelle an? Fangen Sie mit der Geschichte zu früh an, bis die Konflikte
heftig werden? Oder fangen Sie zu spät an, so dass die heiße Phase eines
Konfliktes zu schnell kommt, ohne dass man sich den Figuren nähern kann.
-
Bauen die Ereignisse in Ihrer Geschichte aufeinander auf? Ist der
Leser in der Lage, das A-B-C-D der Ereignisse deutlich nachzuvollziehen?
-
Ist der Höhepunkt revolutionär?
Ist er zufriedenstellend? Enthalten Höhepunkt und Lösung eine Überraschung?
Werden starke Gefühle mobilisiert?
-
Gibt es poetische Gerechtigkeit
oder Ironie? Wenn nicht, könnte es welche geben.
-
Zeigt die Geschichte viele
Facetten der Hauptfiguren? Werden verschiedene emotionale Zustände erkundeß
Sind die Figuren am Ende vollkommen offengelegt?
-
Gibt es Ereignisse, die eine Art
„Antiklimax“ darstellen? – Streichen Sie sie.
-
Fragen Sie sich, ob sie die richtige
Sprache gewählt haben? Ist sie angenehm? Moralisieren Sie? Wäre es besser,
die Geschichte aus einer anderen Perspektive zu erzählen?
-
Sind alle Rückblenden
notwendig?
-
Sind Sie Konflikten aus dem Weg
gegangen, die man hätte ausbeuten können? Wurden die wesentlichen Handlungen
vollständig beschrieben?
-
Werden die Konflikte – wenn
möglich – symbolisch dargestellt? Wurden alle wesentlichen Handlungen
vollständig beschrieben?
-
Überprüfen sie alle Szenen.
Findet in ihr eine Steigerung des Konflikts statt? Ist sie so spannend wie
möglich? Wenn sie ohne nachteilige Wirkund gekürzt werden kann, sollte man das
auch tun.
-
Überprüfen Sie jede Dialogzeile.
Drückt sie einen Konflikt aus? Trägt sie zur Figurenbeschreibung bei? Treibt
sie die Geschichte voran?Ist sie unverbraucht? Ist sie farbig? Handelt es sich
um das Klügste das die Figur sagen könnte?
-
Ist das Geschriebene sinnlich,
spricht es Geschmack, Geruch, Gehör, Gesicht, Gefühl und den sechsten Sinn, die
Psyche an? Bringen Sie dort, wo es
möglich ist, humorvolle Stellen ein? Wird das Passiv benutzt wo das Aktiv
stehen könnte? Werden Prädikate wie Sein verwendet, wenn aktive Verben
sinnvoller wären? Ist der Text eher spezifisch und konkret als generalisierend?
Hat er zeitliche und substantielle Tiefe? Ist er eindringlich und überzeugend
oder matt und blaß?
Die
Art von Hingabe, die wirklich nahezu jedes
Bestreben und
jedes Interesse der Bemühung unterordnet,
Ihr Handwerk
zu beherrschen.
Außerdem ist
es eine einsame Arbeit, ein Kampf mit Ihrer
eigenen
Kreativität und Ihren Selbstzweifeln.
Aber nun trotz
allem –
Viel Glück und
viel Erfolg beim ersten verdammt! guten Roman.